raas Schaser S3 2017-06-01

S3 2017-06-01 Einleitung Ashour, Rania

Ashour, Rania, 6957157

Universität Hamburg

Historisches Seminar

Sommersemester 2017

54-106 Einf. II: Der Erste Weltkrieg als globales Phänomen

Lehrende: Prof. Dr. Angelika Schaser

Thema: Britische Krankenschwestern an der Westfront: Das Leben und Arbeiten hinter der Frontlinie

Einleitung:

„One and all, nurses, doctors, orderlies – many who were all through the S. African War – say that there never, never have been wounds like this, and I cannot think that there ever could be worse“[1]

Bemerkungen, wie sie die VAD-Krankenschwester Eleanor B. Pemberton 1914 in einem Brief machte, waren während des Ersten Weltkriegs nicht selten. Aufgrund des Stellungskrieges an der Westfront und der industriellen Materialschlachten unterschied sich der Erste Weltkrieg von vorangehenden Kriegen. Diese neue Dimension der Gewalt hatte auch neue Arten von Verwundungen sowie den Wandel der Pflegepraxis und der Organisation des Sanitätsdienstes zur Folge. So trieb der Stellungskrieg die Weiterentwicklung von Casualty Clearing Stations (CCSs) voran, die nun durch ihre Nähe zur Front die Evakuierung der Patienten erleichtern sollten. Ferner ermöglichte der Stellungskrieg den erstmaligen Einsatz von Krankenschwestern in CCSs.[2] Welche Auswirkungen diese Anpassung an den Ersten Weltkrieg auf den Sanitätsdienst und speziell auf die Krankenschwestern hatte, wird in dieser Hausarbeit untersucht.

So lautet infolgedessen die Fragestellung: „Welche Auswirkungen hatte der Erste Weltkrieg auf das Arbeiten und Leben britischer Krankenschwestern in unmittelbarer Nähe der westlichen Front?“  Aufgeteilt ist die Arbeit in räumliche, soziale und arbeitsbezogene Felder. Während im Kapitel „Arbeits- und Lebensraum“ die Nähe zur Front und die damit zusammenhängenden Gefahren thematisiert wird, geht das Kapitel „Soziales Gefüge“ den Beziehungen der Krankenschwestern untereinander und zwischen den Patienten nach. Wie die Pflege der Patienten von dem industriellen Krieg beeinflusst wurde, wird im Kapitel „Arbeitsstruktur“ untersucht.

Um die Fragestellung zu beantworten, werden Egodokumente wie Memoiren, Berichte und Tagebucheinträge von freiwilligen und professionellen Krankenschwestern herangezogen. Selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass sie subjektiv sind. So sind beispielsweise Vera Brittains Memoiren „Testament of Youth“, die hier auch herangezogen werden, im Zuge der pazifistischen Bewegung zu Anfang der 1930er Jahre veröffentlicht worden und enthalten demnach auch pazifistische Appelle.[3]

Frühe Publikationen unterschieden nicht zwischen freiwilligen und professionellen Krankenschwestern. Aufgrund der stärkeren öffentlichen Präsenz erhielten die Schriften der Freiwilligen mehr Aufmerksamkeit. In jüngster Zeit hat sich der Fokus der Forschung von den freiwilligen Krankenschwestern der Mittel- und Oberschicht auf die professionellen Krankenschwestern, die bereits Pflegeerfahrungen vor dem Ersten Weltkrieg gesammelt haben, verschoben. Die Historikerin Hallett hat u.a. mit ihren Publikationen zu dieser Differenzierung beigetragen.[4] Weiterer Schwerpunkt heutiger Forschung ist die Analyse der Erzählebene von autobiographischen Texten, die während und nach dem Ersten Weltkrieg verfasst wurden. Erkenntnisinteresse ist hier die Art und Weise, wie die professionellen und freiwilligen Krankenschwestern ihre Erfahrungen, wie z.B. die Wahrnehmung von Traumata[5], verschriftlicht haben. Jedoch konzentriert sich die Mehrheit der Publikationen auf alliierte und englischsprachige Krankenschwestern und vernachlässigen die Perspektive von Krankenschwestern anderer Nationen. Aus diesem Grund besteht weiterhin Forschungsbedarf bei nicht-englischsprachigen Krankenschwestern.

Die Hausarbeit stützt sich größtenteils auf die Publikationen der Historikerin Christine E. Hallett, da sie sich auf die Geschichte von Pflege- und Geburtshilfe spezialisiert hat und durch ihre zahlreichen Publikationen eine führende Forscherin im Bereich der alliierten Krankenschwestern ist.

[1] Eleanor B. Pemberton, Brief vom 23. Oktober 1914, in: Women in the War Zone, hg. v. Anne Powell, Stroud 2008.

[2] Harrison, Mark: The Medical War. British Militar Medicine in the first Wolrd War. Oxford [u.a] 2010, S. 32.

[3] Vgl. Hallett, Christine E.: Veiled Warriors. Allied nurses of the First World War, Oxford 2014, S.1.

[4] Siehe z.B. Hallett, Christine E.: Containing trauma. Nursing work in the First World War (= Cultural History of Modern War, Bd. 18), Manchester 2009.

[5] Hallett, Christine E.: Portrayals of Suffering. Perceptions of Trauma in the Writings of First World War Nurses and Volunteers, in: Canadian Bulletin of Medical History 27,1 (2010), S. 65–84.

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16 Kommentare

    1. Zur Kommentar-Methodik: Ich kann Ihrer Aussage und Ihrer Begründung nur zustimmen. Noch hilfreicher wäre der Kommentar aber, wenn Sie deutlich machen, was sprachlich, strukturell oder argumentativ geschieht, so dass der Einstieg so gelungen wirkt: Z.B. geht die Arbeit von einem eindrücklichen O-Ton in dem Zitat aus, über den ich als Leserin gleich Erleben und Ausmaß an Betroffenheit von Krankenschwestern im Dienst an der Front erfahre. Damit bin ich mitten im Thema. Das Beschriebene wird dann in den für die Arbeit wichtigen Aspekten wieder im Text aufgenommen und über die Forschungsliteratur gefasst. Daraus werden dann Folgeerscheinungen abgeleitet („So trieb …“ „Ferner“) und argumentativ-logisch der Fokus der Arbeit entwickelt.

    1. Zur Kommentar-Methodik: Hier könnten Sie noch sagen, was gut ist. Ich finde z.B. sehr gut strukturiert, dass die drei untersuchten Aspekte („räumliche, soziale und arbeitsbezogene Felder“) im Voraus angekündigt werden und ich quasi eine Erläuterung habe, wie die Gliederung strukturiert ist. Dann werden die Kapitel nicht einfach aufgelistet, sondern logisch-inhaltlich miteinander in Bezug gesetzt („Während … thematisiert wird, geht …“). In dieser Kombination kann ich den gedanklichen Aufbau der Arbeit gut nachvollziehen.Reference

    1. Zur Kommentar-Methodik: Was könnte Ihre Feedback-Nehmerin denn machen, um den Übergang zu glätten? Haben Sie einen Vorschlag? Ich glaube, dass Problem liegt an den Worten „So lautet infolgedessen“. Darin ist eigentlich schon eine Schlussfolgerung enthalten, aber der gedankliche Zwischenschritt, warum die folgende Fragestellung so zwingend logisch ist, wie die Kombination von zwei schlussfolgernden Konnektoren („so“, „infolgedessen“) suggeriert, ist nicht ausgeschrieben. Deshalb erlebe ich den Übergang als gedanklich holpernd. D.h. ich bräuchte als Leserin für die Nachvollziehbarkeit den fehlenden Gedanken und könnte mir vorstellen, dass man dann den/die Konnektor/en inhaltlich anpassen muss.Reference

  1. Eine der besten Einleitungen. Der Bezug zur Forschung ist gut herausgearbeitet und das Vorhaben klar.
    Die Interpretation von Selbstzeugnissen hat jedoch seine Tücken und eine methodische Vergewisserung ist sehr empfehlenswert. Evtl. findet sich ja ein Intepretationsmodell, das anzuwenden sich lohnt.Reference

  2. Zu deutschen Krankenschwester und zu österreichischen gibt es Literatur, z.B. Bianca Schönberger in Hagemann/Schüler-Springorum (Hg.) 2002, Sophie Häusner, in Ulbrich, Medick, Schaser (Hg.) 2012.Reference

  3. Der Verweis auf Subjektivität ist nicht nötig, die Erforschung von Selbstzeugnissen ist methodisch gut unterfüttert. Interessanter ist: Welche Zeugnisse werden ausgewählt und wie repräsentativ sind diese?Reference

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