thsc S2 2017-05-24

Überarbeitete Rezension:

Rezension – Ute Daniel.überarbeitet

Rezension

 

Im Folgenden werde ich den Aufsatz „Der Krieg der Frauen 1914-1918: Zur Innenansicht des Ersten Weltkriegs in Deutschland“ der deutschen Historikerin Ute Daniel rezensieren. Die Professorin der TU Braunschweig veröffentlichte bereits mehrere Arbeiten über die Kultur- und Sozialgeschichte des 19.- und 20. Jahrhunderts in Deutschland. Das Thema der Frauenarbeit im Ersten Weltkrieg wurde im Hinblick auf die zunehmende Emanzipation der Frau im Ersten Weltkrieg häufig bearbeitet. Diese Annahme wurde von der sozial- und kulturgeschichtlichen Forschung nachhaltig revidiert.

 

In diesem Aufsatz widmet sie sich der Frauen- und Alltagsgeschichte. Sie behandelt die Arbeitsumstände der Frauen und arbeitet die Rolle der Frau zur Zeit des Ersten Weltkriegs anhand von Hintergrundinformationen, Tabellen und anschaulichen Bildern heraus. Hierbei geht die Autorin sehr schematisch vor: Vorangestellten Thesen folgen stichhaltige Argumente und schließlich beendet sie jeden Themenabschnitt mit einem schlüssigen Fazit. Sie behandelt die Themen der Lohnarbeit und folglich das der Familienarbeit.

In ihrer Untersuchung der Lohnarbeit begründet sie das Scheitern der Frauenmobilisierung. In ihre Thesen bettet sie eine Statistik der weiblichen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung von 1889 bis 1913 ein. Diese erläutert sie in den Sätzen zuvor und nimmt gezielt Bezug hierauf. Die Autorin bemängelt die zur Ergründung des Ersten Weltkriegs von Beginn an falsch gestellten Fragen. In ihrer knappen Analyse der Arbeitsmarktsituation für Frauen nimmt sie logischerweise nun Bezug auf die Wahrnehmungsweisen der Frauen. Diese Herangehensweise ist besonders für die Kultur- und Alltagsgeschichte von besonderem Nutzen. Grundsätzlich sieht die Historikerin keinen großen Zulauf der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Gründe hierfür sieht sie in auf Kurzzeit ausgerichteten Arbeitsverträgen, die gewährleisteten, dass die Frauen nach Rückkehr des rechtmäßigen Arbeitnehmers diesem Beruf weichen. Zudem seien die Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie beispielsweise unzureichend gesichert, noch würde die Frau richtig ausgebildet, sondern nur zwecks angelernt werden. Weiter nennt sie auch die aufkommenden Schwierigkeiten mit der Vereinbarung der Familientätigkeit. So sei es der Frau zwar möglich gewesen, sich biographisch neu zu „entwickeln“, dies wäre jedoch nur für Frauen von Nutzen, die vorab schon im Arbeitsmarkt integriert gewesen seien und eine Chance auf weitere Ausbildung gehabt hätten. Die Familienarbeit handelt von sinkender Eheschließungs-und Geburtenrate, sowie der Steigerung der Aufbereitung von Lebensmitteln. Den Frauen wurde ein erhöhtes staatliches und gesellschaftliches Interesse zugeteilt. Ihre staatliche finanzielle Unterstützung und die Möglichkeit das Geld eigenständig zu verwalten, bewirkte eine Art neuer Identität und Selbstständigkeit der Frau. Daniel schätzt diese Entwicklung im Kontext elendiger Lebensumstände an der Heimatfront jedoch  für die Persönlichkeit der Frauen als marginal ein. Die geringe Geburtenrate sieht sie als Folge verbesserter Empfängnisverhütung und steigender gesellschaftlicher Aufgeklärtheit hinsichtlich der Kriegsziele. So bindet sie Zitate von Zeitzeugen ein, die kurz und verständlich aufzeigen, welche Hürden das Aufziehen eines Kindes auf sich bringe und welche Folgen daraus resultieren würden. Sie nennt die Verteuerung von Gütern und den daraus steigenden Selbstanbau von Lebensmitteln. Während sie auf die Sozial- und deren auf Geburtenförderung ausgerichtete Politik Bezug nimmt, zeigt sie auf welche Wahrnehmungsunterschiede zwischen Individuum  (der Frau) und dem Staat

(Sozialpolitik) geherrscht haben müssen. Weiter beleuchtet sie auch das Verhalten der propagandagesteuerten Medien, die sich als Spionageinstrument außerehelicher Aktivitäten von Frauen erweisen. Sie macht deutlich, dass gerade die Frauen, die schon genug an der Heimatfront zu leiden hätten und sich nicht über berufliche Aufstiegsmöglichkeiten und geförderte Anerkennung ihrer Leistung einer neuen biographischen Entwicklung erfreuen könnten. Stattdessen hätte die Rolle der Frau im Vergleich zum Mann keinen nennenswerten Aufschwung erlebt.  So appelliert die ehemalige Studentin der Geschichte, Germanistik und Linguistik für eine differenziertere Herangehensweise bei der Erforschung des Ersten Weltkriegs. Zusammenfassend  ist dieser Aufsatz als sehr empfehlenswert einzustufen. Es werden nicht allzu viele Fachbegriffe verwendet, die Sprache ist leicht verständlich. Die klare Unterteilung in These, Argument, Fazit erleichtert dem Leser die Orientierung und Aufnahme von Informationen. Zudem helfen auch die Bilder und Statistiken zur Veranschaulichung. Allerdings werden die Bilder nicht immer sinnvoll einbezogen oder erläutert. Dies schmälert jedoch nicht die positive Einschätzung des Aufsatzes in dem Gesamtkontext der Frauen-und Alltagsgeschichte. Vielmehr lässt er sich als Anschub für andere Historiker verstehen, auch häufig behandelte Themen mit neugestellten Fragen zu untersuchen.

 

Weiterführende Literatur:

 

Stefan Bajohr, Die Hälfte der Fabrik. Geschichte der Frauenarbeit in Deutschland 1914-1945, Marburg 1979.

Ulrike von Gersdorf, Frauen im Kriegsdienst 1914-1945, Stutttgar 1969.

Birte Kundrus, „Kriegerfrauen“. Familienpolitik und Geschlechterverhältnisse im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Hamburg 1995.

Susanne Rouette, Sozialpolitik als Geschlechterpolitik. Die Regulierung der Frauenarbeit nach dem Ersten Weltkrieg, Frankf./M. 1993

 

 

 

 

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