tiiw Schaser S3 überarbeitet 2017-07-03

Einleitung_2017_06_21

Tina Iwen, 6957114

Universität Hamburg, Historisches Seminar, Sommersemester 2017

54-106 Einf. II: Der Erste Weltkrieg als globales Phänomen

Lehrende: Prof. Dr. Angelika Schaser

Arbeitstitel:

Erster Weltkrieg: Deutsche Juden im Spannungsfeld zwischen Integration und Ausgrenzung

Einleitung

Der Erste Weltkrieg hatte weitreichende Auswirkungen auf die jüdischen Gemeinschaften in Ost- und Westeuropa, doch wurde diesem Umstand in der bisherigen historischen Forschung nicht ausreichend Rechnung getragen. Dem Einfluss des Ersten Weltkriegs auf die jüdische Identitätsentwicklung wurde bisher tendenziell eine marginale historische Bedeutung zugesprochen, wobei festzustellen ist, dass insbesondere die kriegsbedingten Veränderungen der jüdischen Gesellschaften in Osteuropa in den letzten Jahren stärker in den Blick der Forschung genommen wurden.[1]

Auch die deutschen, mehrheitlich akkulturierten und liberalen Juden waren von kriegsbedingten Entwicklungen betroffen, welche im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden sollen. Burgfrieden und militärische Partizipation entfachten innerhalb der deutschjüdischen Gemeinschaft anfänglich die Hoffnung auf vollständige gesellschaftliche Integration, doch nach Kriegsende grassierte in Deutschland radikaler Antisemitismus: Die beschwerlichen Emanzipationsbemühungen der Vorjahre schienen de facto gescheitert zu sein.[2] Das im Jahr 1920 veröffentlichte Pamphlet des Antisemiten Alfred Roth, welcher die Juden für die deutsche Kriegsniederlage verantwortlich machte, offenbart bereits im Geleitwort den verbreiteten Judenhass der Nachkriegsjahre: „(…): daß uns der nagende Wurm am Herzen frißt, daß wir ihn selbst genährt und gepflegt haben, bis er uns das deutsche Mark aus den Knochen gesaugt hatte.“[3]

Welche Rolle spielte der Erste Weltkrieg für diese Radikalisierung des Antisemitismus? Anhand welcher Zäsuren im deutsch-jüdischen Verhältnis lässt sich der instabile jüdische Integrationsstatus ablesen? Diese Fragen sollen insbesondere unter Zugrundelegung von Standardwerken über Emanzipation, Kriegs- und Diskriminierungserfahrungen deutscher Juden beleuchtet werden.[4]

Die Arbeit beginnt mit einer kurzen Darstellung der jüdischen Emanzipationsgeschichte vor dem Ersten Weltkrieg, welche den Grundstein zum Verständnis des ambivalenten gesellschaftlichen Status und des verbreiteten Patriotismus der deutschen Juden bei Kriegsausbruch legt. Darauf aufbauend werden die jüdischen Kriegserfahrungen vor dem Hintergrund des zerfallenden Burgfriedens in den Blick genommen, welche den im Kriegsverlauf erstarkenden Antisemitismus verdeutlichen, besonders erkennbar an der statistischen Erfassung jüdischer Kriegsteilnehmer im Oktober 1916. Das Ziel der Arbeit ist ein Erkenntnisgewinn über die Entwicklung von Integration, Ausgrenzung und Antisemitismus vom Vorabend bis zum Ende des Ersten Weltkriegs.

 

 

 

 

 

 

 

[1] Panter, Sarah: Jüdische Erfahrungen und Loyalitätskonflikte im Ersten Weltkrieg (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Bd. 235), Göttingen/Bristol 2014, S. 17 f.

[2] Rosenthal, Jacob: „Die Ehre des jüdischen Soldaten“. Die Judenzählung im Ersten Weltkrieg und ihre Folgen (= Campus Judaica. Bd. 24), Frankfurt/New York 2007, S. 108–115.

[3] Armin, Otto (= Roth, Alfred): Die Juden im Heere. Eine statistische Untersuchung nach amtlichen Quellen, München 1919.

[4] Siehe u. a. folgende Werke: Rosenthal: „Die Ehre …“; Sieg, Ulrich: Jüdische Intellektuelle im Ersten Weltkrieg. Kriegserfahrungen, weltanschauliche Debatten und kulturelle Neuentwürfe, Berlin 2001; Zechlin, Egmont: Die deutsche Politik und die Juden im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1969.

 

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4 Kommentare

  1. Ich weiß, dass es nicht falsch ist den Aufbau der Arbeit zu erläutern. Meines Erachtens jedoch ist das ein wenig überflüssig, da man ja den Aufbau bereits im Inhaltsverzeichnis hat und ich davon ausgehe, dass der Leser/in im Inhaltsverzeichnis nach dem Aufbau der Arbeit schaut und nicht in der Einleitung. Dieser Kritikpunkt kann sicherlich kontrovers aufgegriffen werden.Reference

  2. Dein Einstieg mit einem kurzen bzw. kompakten Stand der Forschung ist optimal für Leser(innen). Ich würde jedoch die Sprachwendung […] nicht ausreichend Rechnung getragen.“ weglassen, weil diese meines Erachtens zu umgangssprachlich klingt. Lieber z.B. […] nicht ausreichend beleuchtet etc.Reference

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